Was ist neuropsychologische Therapie?
Die neuropsychologische Therapie ist ein Behandlungsangebot für Patient*innen, die eine Gehirnerkrankung oder –verletzung erlitten haben. Diese erworbenen Hirnschädigungen können ganz unterschiedliche Ursachen haben. Die häufigsten sind Schädel-Hirn-Traumata, Schlaganfälle, Hirnblutungen, Tumorerkrankungen, Demenz, Parkinson, entzündliche Erkrankungen oder Sauerstoffmangel - kurz alle körperlichen Erkrankungen, die das Gehirn schädigen.
Das Gehirn ist ein sehr sensibles Organ, so dass bereits kleine Schädigungen je nach Ursache und betroffenem Hirnbereich zu Beeinträchtigungen oder Ausfall - kognitiver, psychischer oder körperlicher Funktionen führen können. Je nach Erkrankung bzw. Schädigung des Gehirns können dabei ganz unterschiedliche Bereiche betroffen sein wie z.B. Konzentration, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Wahrnehmung, Sprache, Problemlösen, räumliches Vorstellungsvermögen oder Handlungsplanung und –steuerung.
Viele Betroffene leiden neben Beeinträchtigungen des kognitiven Leistungsvermögens zusätzlich unter emotionalen Veränderungen. Sie sind z.B. ängstlicher, reizbarer oder impulsiver als vorher, zeigen Veränderungen des Verhaltens oder der Persönlichkeit. Das führt oft zu psychosozialen Belastungen für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Viele Patient*innen entwickeln im Verlauf zusätzlich eine psychische Erkrankung (meist Angststörungen, Depression oder Suchterkrankungen). Das zeigt, wie schwer es sein kann, mit einer erlittene Hirnschädigung zu leben.
Das Gehirn besitzt jedoch die Fähigkeit zur Plastizität, d.h. viele Funktionen erholen sich teilweise oder sogar vollständig. Ziele der ambulanten neuropsychologischen Behandlung sind daher die Wiederherstellung (Restitution) oder der Ausgleich (Kompensation) neuropsychologischer Defizite. Nach einer gründlichen Diagnostik der kognitiven und psychischen Funktionen werden spezielle, auf die Patient*innen individuell abgestimmte Trainings- oder Kompensationsstrategien vermittelt, um die Beeinträchtigungen auszugleichen, die kognitiven Fähigkeiten zu verbessern, die Stimmung zu stabilisieren und die Lebensqualität trotz ggf. verbleibender Beeinträchtigungen zu fördern.
Die neuropsychologische Therapie umfasst 60 Einzelsitzungen à 50 Minuten (maximal verlängerbar auf 80 Sitzungen) oder 120 Sitzungen à 25 Minuten. Es können auch Gruppentherapien mit maximal fünf Patient*innen durchgeführt werden. Einzel- oder Gruppentherapie sind kombinierbar.
Patient*innen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), angeborener Intelligenzminderung oder sich fortlaufend verschlechternden Hirnerkrankungen in weit fortgeschrittenem Stadium (wie z.B. schwere Demenzen) kommen dagegen für eine neuropsychologische Therapie leider nicht Frage.
Der Bedarf an neuropsychologischen Behandlungsplätzen kann leider durch die wenigen in der Region vorhandenen Neuropsycholog*innen nicht gedeckt werden. Wenn Sie für sich oder eine*n Angehörige*n einen Behandlungsplatz suchen, wenden Sie sich deshalb bitte an die Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP; www.gnp.de; Tel.: 0661-9019665; E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!). Dort auf der Internetseite finden Sie eine Behandler*innenliste oder können diese anfordern. Sie müssen jedoch damit rechnen, dass Sie in Marburg keinen freien neuropsychologischen Behandlungsplatz finden und Sie in Kassel, Wetzlar oder Gießen suchen müssen.